Journeyman by Fabian Sixtus Körner

Autor:Fabian Sixtus Körner
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
veröffentlicht: 2013-10-15T16:00:00+00:00

www.journeyman-buch.de

Warum Brisbane? Die Absagen auf meine E-Mail-Anfragen nahmen kein Ende. Die Anfragen in den kreativen Hauptstädten Australiens, Sydney und Melbourne, blieben erfolglos, und auch in Perth schien sich niemand für meine Arbeit zu interessieren. Noch nie war es bisher so schwierig gewesen, einen Job zu finden.

Brisbane liegt in Queensland, in der südlichen Hemisphäre. Auch im Winter herrschen dort angenehme Temperaturen. Zudem ist der Flug von Malaysia aus für mich gerade noch bezahlbar. Zum ersten Mal während meiner Walz reise ich in ein sogenanntes Erste-Welt-Land, um dort auf Arbeitssuche zu gehen – und werde schon am Flughafen ganz anders in Empfang genommen. Ich stehe um sieben Uhr morgens am Gepäckband, als mich eine Sicherheitsangestellte zu dem Zweck meines Besuchs befragt.

»Reisen und ein bisschen für Kost und Logis arbeiten«, gebe ich offen zu. Australien ist das erste Land auf meiner Route, das es mir gestattet, mit einem Touristenvisum unentgeltliche Arbeit zu leisten. Hier darf ich meine Dienste ganz legal für Kost und Logis anbieten.

Nachdem ich die Fragestellerin zufriedengestellt habe, geht es durch die Sicherheitsschleuse, wo ich weitere Fragen beantworten muss.

»Wo kommen Sie gerade her?«

»Malaysia.«

»Waren Sie dort im Dschungel unterwegs?«

»Äh, ich war letzte Woche in einem Fluss im Dschungel baden, ja.«

»Mit diesen Schuhen?«

»Ähm, ich bin mit diesen Schuhen zum Fluss gelaufen, ja«, gebe ich verwirrt zu.

»Könnten Sie die bitte ausziehen?«

Es sind die einzigen Schuhe, die ich – abgesehen von meinen Flip-Flops – dabeihabe, und sie sind ziemlich ausgelatscht. Sie riechen auch. Ich schlüpfe dennoch bereitwillig heraus, denn der grauhaarige Sicherheitsbeamte sieht so aus, als würde er es ernst meinen.

»Wozu brauchen Sie die denn, und bekomme ich sie wieder?«, frage ich bei der Übergabe.

»Das werden wir sehen«, sagt er und streift sich Gummihandschuhe über. »Ich muss nachschauen, ob sich Pflanzenrückstände im Sohlenprofil befinden. Die Einfuhr von Pflanzen oder Samen sowie von Tieren, die hier nicht heimisch sind, ist strengstens untersagt. Aber wie ich sehe, sind die Sohlen so abgenutzt, dass sich darin nichts mehr verstecken könnte. Sie dürfen Ihre Schuhe wieder anziehen.«

Wer hat noch nicht von den giftigen Riesenkröten, den Kaninchen, Käfern und Schlingpflanzen gehört, die versehentlich oder bewusst nach Australien eingeschleppt worden sind. Lebewesen, die dort keine natürlichen Feinde haben und sich über die Jahrzehnte hinweg zu regelrechten Plagen entwickelt haben. Eine reine Vorsichtsmaßnahme.

Mit dem Bus fahre ich zum Bahnhof der Gold Coast, um dort in den Zug nach Brisbane umzusteigen. Es ist Freitag früh, kurz vor Schulbeginn. In den kleinen Siedlungen entlang der Busstrecke steigen Schüler aller Altersklassen in ihren blauen Schuluniformen zu, tragen lautstark Meinungsverschiedenheiten aus oder tratschen über den gestrigen Tag. Ich fühle mich fehl am Platz. Gerade eben war ich noch in einer asiatischen Großstadt, nun fahre ich am Ende der Welt durch eine nordamerikanisch wirkende Vorstadtkulisse. Bloß, dass es keine Vorstadt ist. Oder besser gesagt: Alles hier an der Gold Coast ist Vorstadt. Und die Summe dieser Vorstädte ergibt eine Stadt.

Ich entspanne mich etwas, als ich in Brisbane ankomme. Hier gibt es zumindest ein paar kleinere Hochhäuser. Nicht dass ich ein Freund von Großstädten wäre, aber für mein Vorhaben rechne ich mir in Ballungsorten mehr Chancen aus.

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